100 Jahrfeier 2006

Die Vorgeschichte zu 100 Jahre Friedrichschule

Die bauliche Gestaltung der Friedrichschule

von Annegret Herden-Hubertus, Westfälisches Amt für Denkmalpflege, Münster

Dieter Mathmann, Stadt Lippstadt, Untere Denkmalbehörde

Nach den Plänen des Lippstädter Architekten Max Wilke errichtete die katholische Schulgemeinde zu Lippstadt in den Jahren 1905/06 eine "achtklassige Volksschule nebst Lehrerwohnung" mit angebauter Turnhalle und separatem Abortgebäude auf dem Hof.

Das Schulgrundstück liegt in dem nordwestlichen Stadterweiterungsgebiet zwischen dem Schifffahrtskanal und der nördlichen Umflut. Es wird südlich begrenzt durch die parallel zum Kanaldamm verlaufende Friedrichstraße, östlich durch die Bastionstraße und nördlich durch die Preußenstraße.

Friedrichschule 1905/06

Das Schulgebäude ist auf dem rd. 3000m² großen, unregelmäßigen Grundstück etwa mittig platziert. Ein separates Abortgebäude befand sich direkt an der westlichen Grenze. Hierbei handelte es sich um einen eingeschossigen Ziegelbau mit regelmäßigen kleinen stichbogigen Fensteröffnungen und viel hofseitigen Eingangstüren. aut Chronik der Friedrichschule wurde "im Jahre 1951 an die Westseite der Schule - das Portal blieb frei - ein zweistöckiger Vorbau gesetzt, in dessen oberem Stockwerk die Knaben- und Mädchentoiletten sind. Am unteren Stockwerk sind südliche Lehrer-Toiletten und Abstellraum, nördlich Geräteraum der Turnhalle mit Toilette. Das alte Toilettengebäude, dass an der Westseite des Schulplatzes stand, wurde abgebrochen. Die Abortgruben, deren Decken gefährlich brüchig geworden waren, wurden zugeworfen."

"Der kunstvolle Bau gereiche der Stadt zur Zierde und den Erbauern zur Ehre für alle Zeiten" so schrieb "Der Patriot" zur Einweihung der Friedrichschule am 19.06.1906.

Wie muss dieses mächtige Objekt damals gewirkt haben! Die umgebende Bebauung war noch sehr sporadisch und die Kastanien frisch gepflanzt. Der Schulhof wurde mit einem hohen Zaun eingefasst, der auf einem Ziegelsockel zwischen Pfeilern stand. Den auf dem Kanaldamm Spazierenden bot die Friedrichschule als gut gestalteter Baukörper ein prachtvolles Bild.

Mit seinen Außenmaßen von 31m x 20m und zwei axialen Mittelrisaliten sowie einem Ziergiebel an der Südseite bestach der mächtige Schulbau, dessen Großform in ihrer Struktur ein wenig beeinträchtigt wurde durch den Turnhallenvorbau. Die Dachlandschaft erhielt 1949 mit der Anlage von breiten Dachgauben zur Belichtung weiterer Klassenräume im Dachgeschoss ihr jetziges Aussehen. Von den Mittelrisaliten ist nur noch der nordöstliche deutlich erkennbar, auf der Südwestseite wurde dieses ausdrucksstarke Element durch den Anbau einer neuen Toilettenanlage verändert.

Das äußere Erscheinungsbild der Schule wird bis heute durch die Geschickte Kombination von Ziegel-, Sandstein- und Putzflächen geprägt. Diese Materialkombination lässt Assoziationen zur Barockarchitektur des Münsterlandes aufkommen. Diese Elemente finden sich auch an öffentlichen Gebäuden des beginnenden 20. Jahrhunderts wieder wie z.B. bei dem ehemaligen Hauptpostgebäude in Lippstadt, der Wilhelmschule, sowie auch bei dem oben erwähnten Industriegebäude der heutigen Rothe Erde.

Bei der Friedrichschule handelt es sich um einen sorgfältig gestalteten Ziegelbau auf einem Werksteinquadersockel. Die neunachsigen Traufseiten sind durch scharrierte, zum Mauerwerk bündig anschließende Sandsteinelemente und Putzfelder gegliedert. Im Sockelgeschoss rahmen Werksteinquader die hochrechteckigen Fenster (z.Z. mit Glasbausteinen zugesetzt). Im Erdgeschoss haben die breiten Stichbogenfenster Scheitelsteine aus Werksteinen sowie unterhalb der Werkstein-Sohlbänke eingetiefte liegendrechteckige Brüstungsfelder. Die Kämpferzone der Fenster wird durch ein umlaufendes Werksteinband markiert. Im ersten Obergeschoss haben die Stichbogenfenster ebenfalls Scheitelsteine und Sohlbänke aus Sandsteinelementen. Die Brüstungszonen sind hier als jeweils vier quadratische, nebeneinander liegende Putzfelder ausgebildet. Im zweiten Obergeschoss liegen jeweils zwei paarweise nebeneinander angeordnete hochrechteckige Fensteröffnungen in den Achsen. Die Werksteinsohlbänke und -stürze verbinden die Fenster jeweils über die gesamte Traufseite miteinander, während die Werksteinbänder in Höhe der Kämpferzone das Gesamtgebäude umlaufend ausgebildet sind. Die Brüstungszonen sind in diesem Bereich durch hochrechteckeige Putzfelder betont, die entsprechend dem Bogenverlauf der darunter liegenden Fenster unterschiedlich hoch sind.

Südseite                                                    Nordseite